„Schau dir den Sonnenaufgang am Morgen, den Sonnenuntergang am Abend und den Mondaufgang in der Nacht an. Wenn dich diese Dinge nicht abschalten lassen, dann gar nichts.“ (Zitat eines Einwohners Zentralaustraliens).
Im Roten Zentrum von Australien ruht er. Der 348m hohe Sandstein-Monolith (dessen Basis noch mindestens 6000m in die Tiefe reicht, weiter reichen die heutigen Messmöglichkeiten nicht). Der Ayers Rock oder um besser in der Sprache der Aborigines zu sprechen: der Uluru. Dass dieser hier ruht, ist der richtige Ausdruck, denn er lässt sich auch nicht von den 400.000 Besuchern im Jahr aus der Ruhe bringen. Er steht einfach da und strömt diese Energie aus. Da können noch so viele Touren-Busse ankommen, aus denen wuselige, nervöse Menschen aller Nationen heraus strömen, aufgeregt auf ihn zurennen als könnte er weglaufen und mit Blitzlichtgewitter bombardieren. Er steht wie ein Fels in der Brandung, Tag ein Tag aus und lässt sich nicht beeindrucken. Als wir ihn nach langer, langer, langer Fahrt durchs Outback plötzlich vom Highway aus erblickten, bekam ich Gänsehaut, trotz 35°C im Schatten! Man hat ja soviele Bilder schon gesehen und der Kopf ist voll von Vorstellungen. Man fühlt sich fast übersättigt und manche betrachten es als „Pflichtübung“, diesen „Berg“ zu besuchen, wenn man in Australien ist. Aber wenn man ihn dann vor sich hat, so gewaltig und wie aus dem Nichts dahin gesetzt, ist man einfach überwältigt und kein zuvor gesehenes Foto kann diesen Eindruck ersetzen.
Auf dem 10km langen Base-Walk am Fuße des Monolithen entlang umrundeten wir den Uluru, begleitet von vielen Fliegen. Zur Zeit herrscht hier Nebensaison. Somit gibt es weniger Touristen, dafür aber mehr Fliegen, da es heißer und dieses Jahr auch besonders feucht ist. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob mir 1000 Fliegen oder 1000 Touristen in meiner unmittelbaren Nähe lieber sind (ja, ja ich bin auch Tourist). Touristen fliegen mir zwar nicht in Mund, Nase, Ohren und Augen, aber Fliegen beschweren sich nicht über die Hitze trotz der Tatsache, dass wir uns nahe der Tropen befinden und Sommer ist!
Auf einer weiteren von einem Ranger geführten Wanderung erfährt man sehr viel Wissenswertes über die Tradition und Kultur der Aborigines. Diese Wanderung darf man nicht verpassen. Läuft man um den Uluru herum, sieht man die verschiedene Flora und Fauna, hat aber keine Ahnung, wie lebensnotwendig diese sein kann und Wasserlöcher, Bäume, Beeren und Früchte zum Überleben genutzt werden. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie heilig dieser Monolith für die Ureinwohner sein muss und weiß die Umgebung ganz anders zu schätzen.
Als wir den Sonnenuntergang bestaunen wollten, gab es jede Menge Wolken, sodass wir nicht die von Bildern vertraute glutrote Farbe erlebt haben und trotzdem versetzt es einen in Staunen, einfach nur dazustehen und diesen Monolith zu betrachten. Überwältigend.
Die Regelmäßigkeit hier in Zentralaustralien besteht darin, dass der Niederschlag ganz unregelmäßig auftritt. Es kann 7 Jahre keinen Regen geben und dann ein Jahr, in dem es drei Mal soviel regnet wie der Durchschnitt vieler Jahre beträgt. Dieses Jahr ist eher ein „nasses Jahr“ und somit grünt alles.
1985 wurde das Land an die traditionellen Eigentümer, die Anangu-Aborigines zurück gegeben, nach jahrelangen harten Kämpfen. Diese wiederum verpachten es seitdem für 99 Jahre an die Regierung, sodass das Land überhaupt zugänglich für „den Rest der Welt“ ist. Die Anangu verwalten nun den Uluru – Kata-Tjuta Nationalpark zusammen mit der Direktion der Nationalparks. Die Mehrheit dieses Rats obliegt den Aborigines.
Ein absolutes Tabu ist die Besteigung des Uluru! Kulturelle, aber auch Sicherheits- und Umweltgründe verbieten es einfach. Das Heiligtum der Aborigines sollte respektiert werden. Darüber hinaus sind bereits 35 Personen bei dem Versuch, den Monolithen zu besteigen, ums Leben gekommen. Die Aborigines fühlen sich verantwortlich. Sie sagen, der Uluru soll Freude und Leben spenden und nicht den Tod herbeiführen. Schließlich wird die Natur beeinflusst. Nach 3 Stunden Besteigung muss wohl jeder auf die Toilette, die es aber auf dem Gipfel nicht gibt. Somit rinnt immer wieder sehr viel Flüssigkeit den Berg hinab und verunreinigt die umliegenden Wasserlöcher, die so lebenswichtig für die Natur sind. Genug Gründe, um auf dem Boden zu bleiben!
Aus Sicht der Aborigines wurde das Land von ihren Schöpfungsvorfahren geschaffen mit all seinen Gesetzen und seiner Kultur. Tjukurpa – ihr traditionelles Gesetz - wird von Großeltern weitergegeben in Geschichten, Tänzen, Liedern, Zeremonien. Oft wird in diesem Zusammenhang der Ausdruck „Dreamtime“ benutzt. Diesen hören die Ureinwohner gar nicht gern, da ihre Tradition und ihre Lebensgrundsätze etwas Reales und nichts Fiktives sind. Sie leben und lehren danach und es hat nichts mit „Träumen“ zutun. Es ist ihr religiöses Erbe.
Im Nationalpark des Uluru liegt auch Kata – Tjuta. Wörtlich übersetzt bedeutet es „viele Köpfe“. Die 36 Bergkuppen sind nicht so bekannt wie der Uluru, aber dennoch genauso sehenswert. Auch diese Felsformation ist ein spiritueller und sehr bedeutsamer Ort für die Aborigines.
Und dann gibt es da noch die „Sorry-Rocks“. Die Ranger haben sie so getauft. „Sorry-Rocks“ sind Steine vom Uluru, die von Besuchern mitgenommen wurden und schließlich reuevoll mit einem herzlichen Entschuldigungsschreiben zurück geschickt werden. Im Kulturzentrum liegt ein dicker Ordner mit gesammelten Briefen aus aller Welt. Soviel Bedauern in einem Ordner! Da gibt es Geschichten darüber, wieviel Unglück über die Familie gekommen ist seit der „Entführung“ der Steine und dass man hofft, dass das nun ein Ende hat mit der Rückgabe der Steine. Oder man entschuldigt sich, dass man jung und dumm war.
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